Neues Urteil zu den Mietwagenkosten

Nach einmal das Thema Mietwagen. In meinem letzten Artikel hatte ich 7 Punkte, auf die Sie bei der Anmietung eine Ersatzwagens achten sollten, genannt. Jetzt kommt noch ein weiterer Punkt dazu.


Denn: Der BGH stellt alles auf den Kopf.


Der BGH ist jetzt der Meinung, dass die Angebote der Versicherungen zur Vermittlung eines Mietwagens verbindlich sind. Auch wenn die Versicherung am Telefon nicht konkret wird. Statt die bisherige Linie beizubehalten, sorgt der BGH mit diesem Urteil für noch mehr Verwirrung auf dem Mietwagenmarkt.
Damit Sie eine Vorstellung bekommen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde lag, schildere ich Ihnen den Fall ganz kurz:Ein Unfallgeschädigter hatte nach dem Verkehrsunfall telefonischen Kontakt mit der Versicherung des Unfallverursachers. Der Sachbearbeiter der Haftpflichtversicherung bot dem Geschädigten an, einen Mietwagen für 38,00 € inklusive aller Nebenleistungen zu vermitteln.
Am Nachmittag nach diesem Telefonat mietete der Geschädigte zu einem wesentlich höheren Preis einen Mietwagen an. Die Differenz zwischen den jeweiligen Mietwagenpreisen belief sich auf über 1.000,00 €.


Die Haftpflichtversicherung verweigerte die Zahlung der vollen Mietwagenrechnung und zahlte lediglich 570,00 €.

Dieser Preis wäre bei einer Anmietung über die Versicherung angefallen.

Dass der Geschädigte diese Möglichkeit außer Acht gelassen hat, wertet der BGH als Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht. Dem Kläger wurden keine weiteren Mietwagenkosten zugesprochen.

Was ändert sich durch das Urteil?

  1. Bisher galten die Vermittlungsangebote der Versicherungen als unbeachtlich

Es war Meinung des BGH und verbreitete Auffassung der Gerichte, dass die Versicherung keine Vorgaben zur Anmietung eines Ersatzwagens machen darf. Es sei allein die Entscheidung des Geschädigten wann er wo einen Ersatzwagen anmiete. Die Versicherung habe kein Regierecht. Das LG  Chemnitz hat z.B. in seinem Urteil vom 21.01.2011, Az. 6 S 281/10 so entschieden.


Außerdem handelt es sich bei den Angeboten der Versicherungen um Spezialtarife. Solche Spezialtarife wurden vom BGH bislang generell als unbeachtlich angesehen, da man auf dem freien Markt keinen Zugang zu diesen Angeboten hat.

Auch wurde immer gefordert, dass die Versicherung die Angebote ganz konkret benennen muss. Die Angebote mussten so konkret sein, dass Sie als Unfallgeschädigter einfach nur „ja“ sagen, wenn Sie einen Mietwagen haben wollten. Solange  nicht klar war, wer der Vermieter war, wo der Mietwagen steht, um was für ein Fahrzeug es sich handelt etc. hat der BGH diese Vermittlungsangebote als unwirksam abgelehnt.

Das alles soll nicht mehr gelten.

Jetzt soll es ausreichen, wenn die Versicherung Ihnen am Telefon einen Ersatzwagen zum Preis x anbietet.
„Wenn Ihnen durch die Versicherung telefonisch ein Mietwagenangebot gemacht wurde, müssen Sie dieses annehmen.“
Diese Entscheidung ist Wasser auf den Mühlen der Haftpflichtversicherer. Damit kehrt der BGH seiner bisherigen Meinung den Rücken und sagt ganz deutlich:
Mieten Sie zu einem höheren Preis an, verstoßen Sie gegen die Schadenminderungspflicht. Dabei ist es auch egal, wenn Ihnen die Versicherung Roß und Reiter noch nicht klar benennt. Es genügt, wenn die Autovermietung mit Ihnen Kontakt aufnehmen und die Einzelheiten besprechen kann.
Somit hat der BGH jetzt der bloßen Verweismöglichkeit auf ein günstigeres Angebot den Weg frei gemacht. Ein konkretes, annahmefähiges Angebot ist damit nicht mehr notwendig.
Für Autovermieter, die mit diesen Preisen der Haftpflichtversicherung aus wirtschaftlichen Gründen nicht mithalten können, ist dieses Urteil eine bittere Pille.

Was bedeutet das für Sie?
„Sobald es zumutbar ist, das Vermittlungsangebot der Versicherung ohne Einschränkung anzunehmen, müssen Sie dieses Angebot annehmen. Lehnen Sie ein solches Angebot ab und nehmen stattdessen einen teureren Wagen Ihrer Autovermietung bzw. Ihrer Werkstatt an, verstoßen Sie gegen die Verpflichtung den Schaden zu mindern.“

Diese zwei Punkte müssen Sie beachten:

  1. Hatten Sie bereits Kontakt mit der Versicherung des Unfallverursachers und hat diese Ihnen das Angebot gemacht, einen Mietwagen zu einem bestimmten Preis zu vermitteln, sagen Sie das Ihrem Autovermieter. Auch wenn Sie dann möglicherweise die Antwort bekommen, dass das alles unbeachtlich sei. Es kann sein, dass Ihre Werkstatt bzw. die Autovermietung dieses Urteil noch nicht kennt. Daher ist auch nicht  auszuschließen, dass weiterhin die Vermittlungsangebote der Versicherung als unwirksam abgetan werden. Sie sollten sich auf keinen Fall auf höhere Preise einlassen, damit Sie am Ende nicht auf höheren Mietwagenkosten sitzen bleiben.

Als Autovermieter bzw. als Werkstatt sollten Sie vor der Autovermietung Ihren Kunden unbedingt danach fragen, ob bereits telefonischer Kontakt mit der Versicherung bestanden hat. Die Vermittlungsangebote kommen oft auch schriftlich. Wenn der Kunde schon von der Versicherung Preise zu einem günstigeren Mietwagen genannt bekommen hat, ist Vorsicht geboten. Klären Sie dies unbedingt erst ab, bevor Sie Ihren Mietwagen an den Kunden herausgeben.

2. Solange Sie keinen Kontakt mit der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers aufnehmen, kann diese Ihnen kein Vermittlungsangebot machen. Sie können also bei Ihrer Werkstatt oder Autovermietung Ihrer Wahl „ohne Bauschmerzen“ einen Ersatzwagen anmieten.
Die Versicherung muss dann die erforderlichen Mietwagenkosten erstatten. Wonach sich an Ihrem Wohnort die erforderlichen Mietwagenkosten richten, hängt wiederum von der örtlichen Rechtsprechung ab. Im Raum Nürnberg werden die Mietwagenpreise nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel abzüglich eines pauschalen Abschlages von 17% als erforderlich angesehen.

Gilt das auch, wenn die Versicherung schriftlich ein Vermittlungsangebot macht?

Mehrfach wird in dem Urteil betont, dass das Angebot der Versicherung zu beachten ist, wenn das Angebot „ohne weiteres zugänglich ist“. Was der BGH darunter versteht, bleibt leider ungeklärt.


Allerdings kann die bisherige Meinung des Gerichts als Hilfe herangezogen werden. Das  Angebot muss annahmefähig sein, man muss einfach nur ja sagen. Das ist nicht der Fall, wenn das Angebot schriftlich kommt. Bei einem Schreiben der Versicherung wären Sie gezwungen, mit der Versicherung telefonisch Kontakt aufzunehmen, damit eine Vermittlung des Mietwagens an Sie erfolgen kann. Dazu besteht allerdings keinerlei Verpflichtung. Sie müssen die Versicherung nicht extra anrufen, damit diese Ihnen einen günstigeren Mietwagen vermitteln kann.

Ich bin mir absolut sicher, dass die Versicherer dieses Urteil dazu nutzen werden, ihre Kürzungsstrategie auszuweiten. Bei einem „nur schriftlichen Vermittlungsangebot“ wird es dann auch künftig bei der Abrechnung heißen:

„Wir haben Ihnen einen Mietwagen für x Euro angeboten. Dieses Angebot hätten Sie annehmen müssen. Sie haben durch die Anmietung eines teureren Fahrzeugs gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen. Wir sehen uns deshalb nicht veranlasst, weitere Zahlungen auf die Mietwagenkosten zu leisten.“

Was Sie tun können, um keine Probleme mit der Versicherung zu bekommen

Wenn Sie schon Kontakt mit der Versicherung hatten, nehmen Sie das Angebot des günstigeren Mietwagens an.
Haben Sie mit der Versicherung noch nicht gesprochen, lassen Sie sich bei der Schadensregulierung durch Ihre Werkstatt unterstützen und vertrauen auf deren Erfahrung.


Zum Urteil des BGH vom 26.04.2016