Unfall - Schadensersatz - Schmerzensgeld - Autokauf - Bußgelbescheid

Kategorie: Führerschein

Entscheidung des Bayerischen VGH zum ordentlichen Wohnsitz

Der Bayerische VGH hat in einem Beschluss vom 22.02.2010 zum „Ordentlichen Wohnsitz“ Stellung genommen.

Die Entscheidung betrifft einen am 15.01.2009 ausgestellten Führerschein, weshalb für die Entscheidung die 2. Führerscheinrichtlinie maßgeblich ist. Dennoch lesenswert sind die Ausführungen zum „ordentlichen Wohnsitz“ und die Feststellung, dass es nicht erforderlich ist, dass der Führerscheininhaber vor Erteilung der Fahrerlaubnis bereits 185 Tage im Ausstellerstaat gemeldet war.
Ebenfalls nimmt der VGH dazu Stellung, was unter unbestreitbaren Informationen des Ausstellerstaates zu verstehen ist.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-18508?hl=true

Bundesverwaltungsgericht: Entscheidung zum Führerscheintourismus

Am 25.02.2010 hat das Bundesverwaltungsgericht (3 C.15.09 und 3 C.16.09) entschieden, dass Inhabern eines ausländischen EU-Führerscheins das Recht entzogen werden kann, davon in Deutschland Gebrauch zu machen, wenn zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung kein ordentlicher Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat bestand.


Den Klägern war das Recht aberkannt worden, von ihren polnischen Führerscheinen im Inland Gebrauch zu machen, obwohl ein polnischer Wohnsitz eingetragen war und nachdem sie die geforderte MPU verweigerten.

Weiterlesen

EuGH Beschluss vom 2. Dezember 2010 C 334/09 – Scheffler

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage


Für Herrn Scheffler sind mehrere Straftaten in das Verkehrszentralregister eingetragen, u. a. die des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Trunkenheit im Verkehr bei einem BAK‑Wert von 1,94 ‰ vom 11. März 2000.

Da er wegen dieser und weiterer Verstöße mit 18 Punkten den für einen deutschen Führerschein vorgesehenen Höchstpunktestand erreicht hatte, verzichtete er am 29. Februar 2000 auf seine am 28. Februar 1986 erteilte deutsche Fahrerlaubnis.

Am 5. August 2004 stellte er einen Antrag auf Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, der mit Bescheid vom 17. Februar 2005 abgelehnt wurde, da er die Anordnung des Landkreises, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen, nicht befolgt hatte.

Weiterlesen

EuGH-Urteil vom 26.06.2008, C‑329/06 und C‑343/06, Wiedemann und Funk

In dem Urteil vom 26.06.2008 (Wiedemann und Funk) C‑329/06 und C‑343/06 hat der EuGH entschieden:


1. Führerscheine aus anderen EU-Mitgliedsstaaten sind in Deutschland grundsätzlich anzuerkennen.

2. Deutschland kann den Gebrauch der Fahrerlaubnis im Inland dann untersagen, wenn sich aus dem Führerschein oder aus unbestreitbaren Informationen aus dem Ausstellerstaat ergibt, dass der Erwerber zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellerstaat hatte.

EuGH-Urteil vom 20.11.2008, C-1/07, „Frank Weber“


Im Fall Weber befasste sich der EuGH mit der Anerkennung einer während eines laufenden Fahrverbots erworbenen EU-Fahrerlaubnis. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

04.10.2004: Rechtskräftiger Bußgeldbescheid wegen Fahrens unter Drogeneinfluss; es wurden ein Bußgeld und ein Fahrverbot verhängt.

18.11.2004: Erwerb einer tschechischen Fahrerlaubnis, Datum der Führerscheinprüfung war der 16.11.2004.

Herr Weber gab seinen deutschen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde ab, als er erfuhr, dass gegen ihn ein Verfahren zur Prüfung seiner Fahreignung eingeleitet wurde.

17.03.2005: Bescheid über den Entzug der deutschen Fahrerlaubnis durch das Ordnungsamt

06.01.2006: Polizeikontrolle – es folgte eine Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

Urteil (Leitsatz) des EuGH:
„Art. 1 II i.V. mit Art. 8 II und IV der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. 7. 1991 über den Führerschein in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 9. 2003 geänderten Fassung  ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung einer Fahrberechtigung abzulehnen, die sich aus einem in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, auf dessen Inhaber im erstgenannten Mitgliedstaat eine Maßnahme des  Entzugs der Fahrerlaubnis, wenn auch erst nach der Erteilung des fraglichen Führerscheins, angewendet wurde, sofern dieser Führerschein während der Dauer der Gültigkeit einer Maßnahme der Aussetzung der im erstgenannten Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis ausgestellt wurde und sowohl diese Maßnahme als auch der Entzug aus zum Zeitpunkt der Ausstellung des zweiten Führerscheins bereits vorliegenden Gründen gerechtfertigt sind.“

Unter Aussetzung des Führerscheins ist ein verhängtes Fahrverbot zu verstehen. Der EuGH brachte mit diesem Urteil zum Ausdruck, dass das Recht zur Aberkennung nicht auf Fahrerlaubnisse beschränkt ist, die während einer laufenden Sperrfrist erworben wurden, sondern auch für solche gilt, die während eines in D verhängten Fahrverbots ausgestellt wurden.

Die gilt auch dann, wenn das Fahrverbot zwar noch nicht rechtskräftig ist, aber die Maßnahme – z.B. während eines laufenden Verfahrens – bereits ersichtlich ist.  

EuGH-Urteil vom 29.04.2004, C-476/01, Kapper

Das richtungweisende Kapper-Urteil vom 29.04.2004 C-476/01

1.       Die 2. Führerscheinrichtlinie (91/439/EWG) ist so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein die Anerkennung nicht deshalb versagen darf, weil nach den ihm vorliegenden Informationen der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats und nicht im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaats gehabt hat.


2.       Artikel 8 Absatz 4 dieser Richtlinie ist so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht deshalb ablehnen darf, weil im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in diesem Mitgliedstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist.