Ist bei einem Motorradunfall, in einer Gruppe Motorradgruppe die Haftung tatsächlich immer ausgeschlossen?  
Nein, ist sich nicht. Es kommt immer auf den Einzelfall an.

Bild: Michael Grabscheit_pixelio.de.jpg


Nach einem Urteil des OLG Ffm ist eine Haftung für den Motorradunfall ausgeschlossen, wenn

  • die Motorradfahrer in einer Gruppe fahren,
  • in wechselnder Reihenfolge fahren und
  • ohne Einhaltung des Sicherheitsabstandes. 

Kollidieren in dieser Situation zwei Fahrer miteinander, nachdem der erste einen Unfall verursacht hat bestehen keine Schadensersatzansprüche untereinander.

Der Fall aus Frankfurt: 
4 Motorradfahrer fahren in einer Gruppe, ohne feste Reihenfolge bzw. in wechselnder Reihenfolge und ohne den Mindestabstand untereinander einzuhalten.  

Das Gericht entschied: Wer ein Gruppenfahrgefühl will und sich dadurch einem erhöhten Risiko aussetzt, weil er unter Verstoß gegen die StVO fährt, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Jedem Teilnehmer dieser Gruppe hätte das Gleiche passieren können. Teilnehmer einer Gruppenfahrt schließen stillschweigend die Haftung untereinander aus. Denn schließlich nehmen sie durch Teilnahme an einer solchen Gruppenfahrt billigend in Kauf genommen, dass ein rechtzeitiges Abbremsen in einer Notsituation nicht möglich ist 

Was beutet das? Muss die Versicherung wirklich nicht zahlen? 

Die in Anspruch genommene Versicherung zieht stereotypisch das Urteil des OLG Frankfurt aus der Schublade und zahlt nicht. Begründet wird die Ablehnung damit, dass der Motorradunfall bei einer Gruppenfahrt passiert sei und in diesem Fall jeder Mitfahrer stillschweigend auf Schadensersatz verzichtet, wenn es zum Unfall kommt. 


Dass dies nicht generell der Fall ist, sondern jeder Fall einzeln bewertet werden muss, zeigt eine Entscheidung des LG Nürnberg vom 05.11.2019, 2 O 1772/19.


In diesem Fall stürzte mein Mandant als Teilnehmer einer Gruppenfahrt, nachdem der vorausfahrende Fahrer einen Unfall ohne Fremdbeteiligung verursacht hatte. Mein Mandant fuhr hinter diesem Motorrad, stürzte aber, weil ihn wiederum das nachfolgende Motorrad touchierte. 

Hier ging es nicht ohne Prozess, da die gegnerische Versicherung keine Anstalten zeigte, den Schaden meines Mandanten und das Schmerzensgeld zu bezahlen. 
Im Rahmen der Beweisaufnahme wurde die beteiligten Motorradfahrer als Zeugen angehört und ein Unfallanalytiker hat den Fall bewertet. 

Am Ende des Gerichtsverfahrens stand folgendes Ergebnis:

  • die Motorradgruppe fuhr in einer festen Reihenfolge,
  • unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes
  • der Unfall wäre für das auffahrende Motorrad vermeidbar gewesen.

Der Sachverständige konnte feststellen, dass der notwendige Mindestabstand zwischen meinem Mandanten und dem nachfolgenden Motorrad eingehalten war. Mein Mandant konnte sein Motorrad vor dem gestürzten Fahrer auch noch problemlos abbremsen.


Die Geschwindigkeit der Gruppe war angemessen.

Der Unfall basierte auf einem Fahr- bzw. Reaktionsfehler des nachfolgenden Fahrers. Dieser hätte ausreichend Zeit gehabt, sein Motorrad rechtzeitig abzubremsen, um einen Zusammenstoß mit meinem Mandanten zu vermeiden. Stattdessen hat er lediglich die Geschwindigkeit reduziert, ohne aktiv zu bremsen.

Gruppenfahrt allein führt nicht zum Haftungsausschluß

Allein die Tatsache, dass in einer Gruppe gefahren wurde, schließt damit die Haftung der Versicherung nicht aus. Diese wurde trotz des Unfalls innerhalb einer Gruppenfahrt zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt. Denn ursächlich für den Unfall war nicht die Teilnahme an der Gruppenfahrt, sondern der Reaktionsfehler eines Fahrers.


Das Urteil wurde von der Versicherung akzeptiert. 


Fazit: Jeder Fall ist speziell und muss auch als solcher betrachtet werden. Es gibt keine Regel die besagt, dass Motorradfahrer – einzeln oder in der Gruppe – generell gegen die StVO verstoßen. Eine Einzelfallbewertung ist immer notwendig.


Hatten Sie einen Motorradunfall und benötigen Unterstützung? Dann rufen Sie gleich an, damit wir uns direkt Ihrem Problem widmen können.
Urteil des OLG Ffm vom 18.08.2015 – 22 U 39/14, https://openjur.de/u/851932.html