Kürzungslüge Nr. 6 – Wertminderung

Sobald Ihr Wagen einen größeren Unfallschaden hat, sind Sie verpflichtet, diesen Unfall im Falle eines Verkaufs dem Kaufinteressenten mitzuteilen. Das nennt sich sog. offenbarungspflichtiger Unfallschaden.


Sobald der Käufer davon hört bzw. dies bereits in Ihrem Inserat auf mobile.de oder autoscout24.de liest, dass das Auto in einen Verkehrsunfall verwickelt war, wird er versuchen, Sie noch im Preis zu drücken. Dieser Verlust beim Verkauf soll durch die merkantile Wertminderung ausgeglichen werden.

Die Wertminderung ermittelt auch Ihr Gutachter.

Es entsteht nicht automatisch bei jedem Auto eine Wertminderung, sobald es angefahren wurde. Bei bereits 10 Jahre alten Fahrzeugen mit einer Laufleistung von 100.000 km werden Sie keine Wertminderung mehr erwarten können. Aber solange Ihr Wagen noch neuwertig ist, eine relativ geringe Laufleistung aufweist und die Reparaturkosten über 1.000,00 € liegen wird der Gutachter die Wertminderung ins Gutachten schreiben. Weil Sie verpflichtet sind, dem Käufer den Unfallschaden mitzuteilen.


Wenn Sie ein Abrechnungsschreiben von der Versicherung erhalten, dass am Fahrzeug gar keine Wertminderung entstanden, da im Wesentlichen nur verschraubte Teile beschädigt waren und durch die sach- und fachgerecht durchgeführte Reparatur keine Wertminderung entstanden sei, ist das eine glatte Lüge der Versicherung, die Sie keineswegs akzeptieren sollten.


Sobald der Reparaturschaden eine Höhe erreicht, die Sie einem Käufer mitteilen müssen, ist der Verlust bei dem Verkauf des Wagens garantiert und die Wertminderung ebenfalls. Dieser Verlust ist Ihnen durch die Versicherung zu erstatten.

Kürzungslüge Nr. 7 – Unfallbedingte Reinigungskosten

Ihr Fahrzeug wird repariert, Ihr Fahrzeug wird lackiert. Damit die Werkstatt ordentliche Lackierarbeiten gewährleisten kann, muss der Wagen bzw. die zu lackierenden Stellen vor und nach den Lackierarbeiten gereinigt werden.
Gerne versuchen die Versicherer Sie bei der Abrechnung auf die falsche Fährte zu locken und legen einen Prüfbericht von Control Expert und einer anderen Prüforganisation vor. In diesem Bericht steht dann sinngemäß:

„Das Fahrzeug wies nach dem Unfall keine erheblichen Verschmutzungen auf. Die Reinigungskosten sind daher nicht unfallbedingt erforderlich.“

Damit wird Ihnen die Erstattung eines Teils der Reparaturkosten verweigert und die Rechnung nicht voll bezahlt.

Sollen Sie die Reinigungskosten jetzt selbst bezahlen?

Nein. Es geht hier nicht um einen Service der Werkstatt, Ihnen das Auto nach der Reparatur gereinigt zu übergeben, sondern tatsächlich um notwendige Arbeiten. Die Werkstatt muss das Auto reinigen, da sonst Fehler bei den Lackierarbeiten auftauchen können.


Hat Ihr Gutachter die Kosten ebenfalls kalkuliert? Dann können Sie davon ausgehen, dass diese Arbeiten erforderlich sind und die Versicherung diese bezahlen muss.

Kürzungslüge Nr. 8 – Kosten der Probefahrt nach der Reparatur

Genau wie die unter Nr. 7 erwähnten Reinigungsarbeiten, kann eine Probefahrt nach Abschluss der Reparatur erforderlich sein. Abhängig von dem Schaden muss die Werkstatt vor Herausgabe des Wagens an Sie überprüfen, ob alles passt.
Steht im Gutachten bei der Kalkulation der Reparaturkosten auch eine Position „Probefahrt“, ist die Probefahrt erforderlich. Die Werkstatt muss sich davon überzeugen, dass sach- und fachgerecht repariert wurde, dass nichts mehr klappert und scheppert und, dass der Wagen rund läuft. Hierfür ist eine Probefahrt notwendig, welche von der Versicherung zu erstatten ist (AG Fürth, Urteil vom 06.03.2017, 340 C 2428/16).

Kürzungslüge Nr. 9 – Kosten für die Reparaturbestätigung

Wenn Sie Ihr Auto reparieren und die Reparaturkosten fiktiv abrechnen, wird Ihnen der Mietwagen oder der Nutzungsausfall nur dann von der Versicherung erstattet, sobald Sie die durchgeführte Reparatur auch nachweisen.
Diesen Nachweis können Sie von Ihrem Gutachter erstellen lassen, der sich den Wagen nach erfolgter Reparatur noch einmal ansieht, ein bis zwei Fotos von dem reparierten Fahrzeug macht und dann bestätigt, dass der Wagen in repariertem Zustand angesehen wurde.


Hierfür berechnen die Gutachter im Normalfall noch einen geringen von knapp 50,00 €. Diese Kosten wollen die Versicherungen meistens nicht bezahlen und behaupten, dass die Kosten für die Reparaturbestätigung nicht erstattungsfähig seien.

Mittlerweile gibt es sehr viele Gerichtsentscheidungen die Ihnen bestätigen, dass Sie einen Anspruch auf die Erstattung dieser Kosten haben. Gerade vor dem Hintergrund des H.I.S. gestehen Ihnen immer mehr Gerichte zu, die Reparatur durch einen Gutachter bestätigen zu lassen.

Kürzungslüge Nr. 10 Kostenvoranschlag ist kostenfrei

Was früher noch von den meisten Werkstätten kostenfrei erledigt wurde, ist heute lange nicht mehr der Fall. Wenn Sie sich von der Werkstatt die Höhe der Reparaturkosten kalkulieren lassen, erhalten Sie hierfür mittlerweile oft auch eine Rechnung. Das ist auch völlig okay, denn die Werkstatt hat schließlich einen nicht unerheblichen Aufwand damit, die voraussichtlichen Kosten der Reparatur für Sie zu ermitteln. Dafür wird Zeit und Arbeitskraft investiert, die an anderer Stelle fehlt.


Warum soll die Werkstatt hierfür nicht etwas berechnen dürfen?
Der Einwand der Versicherung, der dann meistens kommt lautet:

„Die Kosten für den Kostenvoranschlag sind nicht erstattungsfähig. Diese Kosten werden bei Durchführung der Reparatur verrechnet“.

Und was ist, wenn Sie nicht reparieren? Dann bleiben Sie auf den Kosten sitzen? Auch hier gilt. Egal, ob Sie den Schaden reparieren lassen oder nicht, die Werkstatt darf Ihnen für den Kostenvoranschlag eine Rechnung schreiben und die Kosten sind Ihnen von der Versicherung zu ersetzen. Eine Einschränkung ist hier zu machen. Die Werkstatt darf es mit den Kosten nicht übertreiben. Wenn die Rechnung für den Kostenvoranschlag annähernd so hoch ist wie die kalkulierten Reparaturkosten, dann werden Sie von der Versicherung diese Kosten niemals durchsetzen können. Auch wird sich die Erforderlichkeit dieser Kosten kaum begründen lassen. Aber einen Betrag von 70,00 € bis 120,00 € zzgl. Mehrwertsteuer muss Ihnen die Versicherung erstatten. Egal, ob Sie hinterher noch bei der Werkstatt den Schaden reparieren lassen.

Kürzungslüge Nr. 11 Abschleppkosten

Bei den Abschleppkosten gibt es zwei denkbare Szenarien:

  1. Sie haben einen Unfall in der Nähe Ihres Wohnortes und das Auto wird vom Unfallort – entweder zu Ihrer Werkstatt oder zu dem Betriebsgelände des Abschleppunternehmens – abgeschleppt.
  2. Der Unfall passiert hunderte Kilometer entfernt von Ihrem Wohnort und Sie lassen den Wagen trotzdem in die Werkstatt zu Hause bringen, um ihn dort begutachten und reparieren zu lassen.

In beiden Fällen können Sie mit Kürzungen der Abschleppkosten durch die Versicherung rechnen. Die Frage ist, ob diese Kürzung auch berechtigt ist. Heute befasse ich mich nur mit der 1. Alternative, wenn der Unfall in Wohnortnähe passiert. Über den 2. Fall werde ich in einen separaten Beitrag schreiben.
Wenn Sie morgens aus dem Haus gehen, um zur Arbeit zu fahren rechnen Sie normalerweise nicht damit, dass Sie nicht wie geplant bei der Arbeit ankommen, weil Ihnen jemand auf der Kreuzung bei der Sie grün gefahren sind, die Vorfahrt nimmt und Ihr Auto so kaputt ist, dass Sie nicht einmal mehr zur nächsten Werkstatt fahren können.


Wer hat schon die Telefonnummer des nächsten Abschleppdienstes im Handy gespeichert? Als ADAC-Mitglied haben Sie vielleicht eine Nummer parat. Ansonsten wohl eher weniger. Außerdem hat die zum Unfallort gerufene Polizei meist schon Abschleppunternehmen angefordert, um die Kreuzung im Berufsverkehr wieder so schnell wie möglich frei zu bekommen. Ehe es Ihnen klar wird, verlädt der eine Abschlepper Ihr Auto und Sie sitzen auf dem Beifahrersitz des Abschleppwagens auf der Fahrt zum Betriebsgelände des Abschleppdienstes. Dort angekommen dürfen Sie den Auftrag unterschreiben. Wenn Sie Ihr Auto abholen wollen, um es in die Werkstatt bringen zu lassen, präsentiert Ihnen das Abschleppunternehmen eine – im Auge des Otto Normalverbrauchers – gesalzene Rechnung, die Sie bezahlen sollen, bevor Sie Ihr Auto von dem Gelände herunter holen können. Das ist schon immer ärgerlich genug, weil Sie mit einigen hundert Euro in Vorleistung gehen müssen, obwohl Ihnen dieser Depp ins Auto gefahren ist, Ihnen den ganzen Tag vermiest hat und Sie jetzt auch noch den ganzen Ärger mit einem kaputten Auto haben.


Die Krönung ist aber, dass Ihnen die Versicherung des Unfallverursachers dann nicht einmal die ganzen Abschleppkosten ersetzt und mit der Ausrede kommt, das Abschleppunternehmen, das Sie beauftrag haben, sei viel zu teuer gewesen. Sie hätten sich vorher schlau machen und einen billigeren Anbieter suchen müssen. Und das, obwohl die Polizei den Abschleppdienst angerufen hat und nicht Sie. Die größte Unverschämtheit ist, dass die Versicherung von Ihnen erwartet, dass Sie – während Sie auf der Kreuzung neben Ihrem total beschädigten Auto stehen und den Personalienaustausch mit der Polizei durchführen auch noch gleichzeitig nach dem billigsten Abschleppdienst im Umkreis suchen sollen. Ja spinnen die denn?

Die Antwortet lautet: Ja.
Es verlangt niemanden von Ihnen – außer der Versicherung des Unfallverursachers, die mal wieder an Ihnen sparen will – dass Sie noch am Unfallort Preisvergleiche anstellen.

Ein Urteil des Bundesgerichtshofes ist zu diesem Thema bisher keines ergangen. Aber das OLG Celle und das AG Stade haben beide entschieden, dass Ihnen die Kosten für den Abschleppdienst in voller Höhe zu erstatten sind . Wenn die Versicherung der Meinung ist, die Abschleppkosten seien unangemessen, bieten Sie ihr an, dass Sie Ihren Anspruch an die Versicherung abtreten, dann kann die Versicherung direkt mit dem Abschleppdienst über angemessene Preise diskutieren.